Ostermarsch 2003 in der Kyritz-Ruppiner Heide

 

Rede von Prof. Dr. Wolfgang Methling

Umweltminister und stellv. Ministerpräsident des Landes Mecklenburg-Vorpommern

 

 

„Vom Eise befreit sind Strom und Bäche durch des Frühlings holden, belebenden Blick....Aus dem hohlen, finstern Tor dringt ein buntes Gewimmel hervor. Jeder sonnt sich heute so gern. Sie feiern die Auferstehung des Herrn, denn sie sind selber auferstanden...“

 

Sie, liebe Teilnehmer am diesjährigen Ostermarsch, sind aufgestanden und haben sich hier her aufgemacht, um das „Hoffnungsglück“ , dass Johann Wolfgang Goethe in seinem Osterspaziergang beschreibt, zu dokumentieren. Allerdings ist es wahrlich nicht nur ein Spaziergang, denn der Anlass ist bitter.

 

Ostermärsche haben in der internationalen Friedensbewegung eine lange Tradition. Viele Anlässe haben leider jedes Jahr wieder Menschen dazu bewogen, auf die Straße zu gehen und Politiker daran zu erinnern, dass es ihre Pflicht ist, den Menschen ein friedliches Leben zu sichern.

 

Auch in diesem Jahr gibt es für die Teilnehmer an Ostermärschen viele Gründe, diese Mahnung zu erneuern und lautstark zu protestieren.

 

Viele von Ihnen werden in den vergangenen Wochen ebenso wie ich gegen den Angriffskrieg der USA und Großbritanniens im IRAK demonstriert haben. Gegen den Willen der überwältigenden Mehrheit der UNO-Staaten hat die Bush-Administration mit ihrem treuesten Vasallen diese Aggression begonnen. Ich habe es oft gesagt und wiederhole es heute: Dieser Krieg ist ein Verbrechen – gegen das Völkerrecht, gegen Menschenrecht, gegen das Leben von unschuldigen Menschen und hungernden Kindern, gegen Umwelt und Naturressourcen, gegen Kulturen und Kulturgüter. Wer einen verbrecherischen Krieg führt bzw. anführt, ist somit ein Kriegsverbrecher. Ja, Georg W. Bush ist in meinen Augen ein Kriegsverbrecher und gehört vor ein internationales Gericht gestellt – ebenso wie Saddam Hussein, ebenso wie Milosevic.

 

Inzwischen ist das diktatorische Regime von Saddam Hussein zusammengebrochen. Dennoch hüte ich mich davor, von absehbarem Frieden zu sprechen.

 

Noch niemand kennt jetzt schon die Konsequenzen dieses Krieges für den Irak, die ganze Region des Nahen und Mittleren Ostens, für die Welt und das System des Völkerrechts.

 

Die Zeichen für eine friedliche Zukunft der Menschheit stehen aber eher schlecht, wenn sich die einzig verbliebene Supermacht das Recht herausnimmt, auf der Grundlage ihrer militärischen Stärke offen genannte und verborgene Ziele durch präventive Kriege zu erreichen. Die unverhohlenen Drohungen gegen Syrien lassen in meinem Kopf die Alarmglocken läuten.

 

Die Friedensbewegung auf der ganzen Erde diskutiert jetzt darüber, was zu tun ist, um die USA in die Schranken zu verweisen. Das ist dringend nötig und fordert das solidarische Bündnis aller Kriegsunwilligen.

 

Nun fragen Sie vielleicht, was der Irak-Krieg und die Folgen für das Völkerrecht mit dem Anlass zu tun haben, der uns heute hier zusammengeführt hat.

 

Ich meine, das hat sehr viel miteinander zu tun.

 

Die Bundesregierung hat in ihrer Irak-Politik, ihrem Verhalten zur UNO große Zustimmung in der Bevölkerung erfahren.

 

Wie sehen aber die Schlussfolgerungen aus, die sie zieht?

Ohne das im Einzelnen schon genau sagen zu können, ist aber eines bereits sichtbar: Es wird wieder auf Aufrüstung gesetzt. Europa soll ein militärisches Gegengewicht zu den USA werden. Anstatt den eigenen Friedenswillen und den der Bürgerinnen und Bürger durch Abrüstung materiell zu untersetzen, gehen die Signale in die entgegengesetzte Richtung.

 

Ich meine, das sind falsche Signale. Europa kann nicht ein militärisches Gegengewicht zu den USA entwickeln. Die Gelder, die ein solches Ansinnen verschlingen würde, haben wir nicht. Wir haben es doch immer erlebt, dass im Schatten von Kriegen, die ohnehin leeren öffentlichen Kassen noch mehr geschröpft worden sind. Wie weit kann das eigentlich noch gehen, ohne den sozialen Frieden in unserem Land zu gefährden ?

 

Und da sind wir bereits beim Anlass, der uns heute zusammenführt.

 

Nach neuesten Informationen aus dem Bundesverteidigungsministerium teile ich Ihre Sorge, dass in Kürze das Gelände in der Kyritz-Ruppiner-Heide der Bundeswehr wieder als Bombenabwurfplatz zur Verfügung stehen könnte.

 

Als PDS-Politiker aber auch als Mitglied der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns kann ich Ihnen versichern:

Wir wollen und brauchen kein Bombodrom!

 

Der Innenminister unseres Landes hat von der Regierung den Auftrag erhalten, gegenüber der Bundesregierung unsere ablehnende Haltung deutlich zu vertreten und hat auftragsgemäß gehandelt.

Ich selbst habe mich an den Bundesumweltminister Trittin mit der Bitte um Unterstützung im Bundeskabinett gewendet. Der Landtag Mecklenburg-Vorpommern hat sich parteiübergreifend gegen ein Bombodrom gewandt.

 

Von Laage und Trollenhagen aus sollen die Jagdbomber starten.

Die Tiefflüge werden den Müritz-Nationalpark, die Naturparke Feldberger Seenlandschaft und Nossentiner-Schwinzer-Heide durch den Fluglärm erheblich beeinträchtigen.

 

Der Beginn der Übungsflüge wäre ein Schlag ins Gesicht der vielen Bürgerinnen und Bürger, ihrer Gemeinden und der regionalen Wirtschaft.

Sie alle haben in den vergangenen zehn Jahren mit großen Anstrengungen erfolgreich die naturnahe touristische Entwicklung der Region vorangebracht. Die Ergebnisse können sich sehen lassen und bergen Hoffnung für die Zukunft. Auch die Landesregierung will nicht, dass dies wieder zunichte gemacht wird. Der Imageschaden für die Region wäre immens.

 

Bedauerlicherweise und unverständlicherweise können wir nicht auf die Unterstützung der Brandenburger Landesregierung hoffen. Vielleicht ist von einem ehemaligen General als Innenminister auch nichts anderes zu erwarten. Aber insgesamt muss doch auch Brandenburg die Hände schützend über eine prosperierende Touristenregion halten.

 

Herr Müntefering hat in einem Brief an die Bürgerinitiative „Freier Himmel“ u.a. geschrieben,

 

- die Liegenschaft sei Eigentum der Bundesrepublik, also sei es rechtens, sie der Bundeswehr zu Übungszwecken zu übergeben

 

- außerdem brauche die Bundeswehr das Gelände, um ihren nationalen und internationalen Aufgaben gerecht werden zu können.

 

An dieser Stelle kann ich nur die Frage des Ministerpräsidenten unseres Landes wiederholen: Wieso ist nach zehn Jahren und bei kleinerer Luftwaffe dieser Abwurfplatz unbedingt nötig ?

 

Darüber hinaus meine ich: Die Bundesregierung sollte mit ihrem Eigentum nachhaltig umgehen, im Interesse der hier lebenden Menschen. Aber es scheint leicht zu sein, von Berlin aus den Widerstand von Bürgerinnen und Bürgern, die um ihre Zukunft bangen, zu ignorieren.

 

Es wird Sie nicht verwundern, dass ich als PDS- und Umwelt-Politiker in jedem Falle die Arbeit für eine Tourismusregion – noch dazu wenn sie im Einklang mit der Natur geleistet wird – einem Übungsplatz für Tornadobomber vorziehe.

 

Ich möchte Ihnen nochmals garantieren, dass wir völlig einig in dem Ziel sind, das Bombodrom zu verhindern. Und ich kann Sie nur ermuntern, alle Mittel dafür einzusetzen und alle Wege zu gehen, auch rechtliche.

 

Für die PDS-Landesverbände Mecklenburg-Vorpommerns und Brandenburgs kann ich Ihnen jegliche Unterstützung dabei zusagen.

 

Die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns berät permanent die Situation und tut das ihr Mögliche, bei der Bundesregierung Gehör zu finden.

 

Die Bürgerinitiativen aus Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern haben angeregt, dass verantwortliche Politiker des Bundes sich direkt vor Ort selbst ein Bild machen sollten.

 

Das halte ich für eine gute Idee.

Deshalb habe ich den Bundesumweltminister eingeladen, gemeinsam mit mir die Region zu besuchen und mit den Bürgerinnen und Bürgern zu reden.

 

Vernünftigerweise kann das Ergebnis der offiziell noch andauernden Prüfung nur ein „Nein“ zum Bombenabwurfplatz „Kyritz-Ruppiner-Heide“ sein.

 

Lassen Sie uns gemeinsam dafür eintreten. Meine Zusage haben Sie!